Spotlight: der Europäische Betriebsrat
Wann ist ein Europäischer Betriebsrat zu gründen? Was macht er eigentlich? Und wie setzt er sich zusammen? Antworten auf wichtige Fragen zum Europäischen Betriebsrat (EBR).
In der globalisierten Wirtschaftswelt ist die Vielzahl der Unternehmen grenzüberschreitend tätig. Das führt dazu, dass Arbeitsbedingungen und Arbeitsbeziehungen nicht mehr nur national betrachtet und geregelt werden können. Diesen Herausforderungen soll der Europäische Betriebsrat entgegentreten und als Bindeglied zwischen europäischen Arbeitnehmer:innen und Unternehmen dienen.
Rechtsgrundlage
Die rechtliche Grundlage für die Einrichtung eines Europäischen Betriebsrats ist die Richtlinie 2009/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates. Ziel der Richtlinie ist die „Stärkung des Rechts auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer“ in grenzüberschreitend operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen. Diese Richtlinie verpflichtet Unternehmen und Unternehmensgruppen ab einer Arbeitnehmer:innenanzahl von 1.000, wovon in mindestens zwei Mitgliedsstaaten jeweils mindestens 150 Arbeitnehmer:innen beschäftigt sind, zur Bildung eines Europäischen Betriebsrats, sofern die Arbeitnehmer:innen dies verlangen.
EU-Richtlinien legen „Mindestanforderungen“ zu bestimmten Themen mit, die von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht transformiert werden müssen. Die Mitgliedsstaaten haben daher jeweils nationale Rechtsakte erlassen, um die Richtlinie umzusetzen (in Deutschland: EBRG). Die Anwendbarkeit der jeweiligen nationalen Vorschriften ergibt sich aus dem Sitz der zentralen Unternehmensleitung (in Europa).
Wie setzt sich der Europäische Betriebsrat zusammen?
Die Richtlinie gibt hierzu vor, dass für jeden Anteil der in dem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer, der 10 % der Gesamtzahl der in allen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer entspricht, oder für einen Bruchteil davon, Anspruch auf einen Sitz besteht. Das bedeutet, ein EBR besteht (im besten Fall) aus Arbeitnehmervertretern aus allen Mitgliedsstaaten, in denen das Unternehmen einen Sitz hat. Sollten in einem Mitgliedsstaat mehr als 10 % der europäischen Arbeitnehmer beschäftigt sein, erhält das Land zwei Sitze, ab 20 % drei Sitze usw.
Die Gründung eines EBR erfolgt in der Regel durch die Initiative der Arbeitnehmervertreter, die in einem Unternehmen mit internationaler Präsenz gewählt werden. Nachdem die Gründung beantragt wurde, müssen Verhandlungen zwischen der Unternehmensleitung und den Arbeitnehmervertretern stattfinden, um eine Einigung über die Zusammensetzung, die Arbeitsweise und die Zuständigkeiten des EBR zu erzielen. Ziel ist der Abschluss einer Vereinbarung über diese und weitere Themen, die den EBR betreffen. Kann eine solche Einigung nicht erzielt werden, entsteht ein Europäischer Betriebsrat kraft Gesetzes, das heißt, seine Zusammensetzung, Rechte und Zuständigkeiten folgen direkt aus dem Gesetz.
Was macht der Europäische Betriebsrat?
Ein EBR ist eine Arbeitnehmerbeteiligung auf europäischer Ebene, die es den Mitarbeiter:innen ermöglicht, direkt an den Entscheidungsprozessen multinationaler Unternehmen beteiligt zu sein. Er bietet eine Plattform für den Austausch von Informationen und Standpunkten zwischen der Unternehmensleitung und den Arbeitnehmervertretern aus verschiedenen Ländern. Die Hauptaufgabe eines EBR besteht darin, die Interessen der Arbeitnehmer:innen auf europäischer Ebene zu vertreten und sicherzustellen, dass ihre Stimme in den Entscheidungsprozessen des Unternehmens gehört wird. Seine wesentlichen Aufgaben und Rechte sind Information und Konsultation.
Informationsaustausch
Der EBR hat das Recht, regelmäßig über die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung des Unternehmens informiert zu werden. Mindestens einmal im Jahr tritt er zusammen und wird durch das Unternehmen informiert. Dabei beinhalten die Sitzungen regelmäßig auch einen internen Teil, in dem die Arbeitnehmervertreter:innen sich untereinander austauschen und aktuelle Themen aus ihren Ländern diskutieren können.
Konsultation
Bei wesentlichen Entscheidungen, die sich auf die Arbeitsbedingungen, die Beschäftigungssituation oder die Unternehmensstrategie auswirken, muss die Unternehmensleitung den EBR konsultieren, ihn hierzu anhören. Die Anhörung beinhaltet die Einrichtung eines Dialogs und Meinungsaustauschs, bei dem der EBR das Recht hat, eine Stellungnahme zu den Entscheidungen abzugeben.
Der Europäische Betriebsrat spielt eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Transparenz, Partizipation und sozialer Verantwortung in multinationalen Unternehmen.
Unsere Kanzlei arbeitet bereits mit zahlreichen Europäischen Betriebsräten zusammen.
Gerne unterstützen die Anwält:innen von LNS bei der Gründung und der Arbeit des Europäischen Betriebsrats.