Und immer noch Corona…
Die COVID-19-Pandemie ist – zum Glück – beendet. Wenngleich noch immer vereinzelte Fälle, teilweise auch kleinere Infektionswellen, auftreten, erklärte die Weltgesundheitsorganisation den globalen Gesundheitsnotstand schon im Mai 2023 für beendet. Der rechtliche Rahmen für sogenannte Corona-Schutzmaßnahmen ist ebenfalls im Frühjahr 2023 ausgelaufen.
Die Arbeitsgerichte beschäftigen sich jedoch weiterhin mit Fällen aus der Corona-Zeit. Das liegt insbesondere an der langen Verfahrensdauer eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens, das durch drei Instanzen geht: bis eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vorliegt, können gut und gerne zwei bis drei Jahre ins Land gehen.
Das BAG entschied so vor wenigen Wochen wieder zwei spannende Fälle im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.
In einem Fall hatte ein Arbeitnehmer geklagt, für den während seines genehmigten Urlaubs behördlich Quarantäne angeordnet worden war. Er war der Auffassung, die Quarantäne-Tage müssten – wie im Fall der Arbeitsunfähigkeit (§ 9 BUrlG) – wieder gutgeschrieben werden. Das BAG lehnte dies unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ab. Der EuGH stellt klar, dass Krankheit und Quarantäne nicht vergleichbar sind. Während erkrankte Arbeitnehmer*innen unter physischen oder psychischen Beschwerden leiden, sind sie während der Quarantäne zwar in ihrer Freizeitgestaltung eingeschränkt, könnten sich allerdings von der Arbeit erholen und damit den Zweck des Erholungsurlaubs erfüllen.
In einem anderen Fall hatte eine im Seniorenheim angestellte Alltagsbegleiterin geklagt. Der inzwischen außer Kraft getretene § 20a IfSG a.F. regelte für bestimmte Personengruppen – auch für Arbeitnehmer*innen in Seniorenheimen – die Pflicht, über einen Impf- oder Genesenennachweis zu verfügen. Medizinische Gründe, die gegen eine Impfung sprechen, lagen bei der Klägerin nicht vor. Nachdem sie einen solchen Nachweis nicht vorlegen konnte, stellte der Arbeitgeber sie frei und kürzte ihren Urlaubsanspruch für jeden Monat der Freistellung anteilig. Hiergegen wehrte sie sich unter anderem mit ihrer Klage. Das BAG entschied zu ihren Lasten. Der Anspruch auf Urlaub entsteht demnach nur, wenn tatsächlich gearbeitet wird. Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn der Beschäftigte nur aufgrund einer Entscheidung des Arbeitgebers nicht arbeitet. Das sei hier nicht der Fall, denn das Seniorenheim setzte die gesetzlichen Regelungen des § 20a IfSG a.F. um. Außerdem hätte die Alltagsbegleiterin die Freistellung beenden können, indem sie sich hätte impfen lassen. Das BAG führt in der Pressemitteilung aus, die Freistellung könne nicht dem Arbeitgeber, sondern nur ihr zugerechnet werden, sie „beruhte auf ihrer freien und höchstpersönlichen Entscheidung, sich nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 impfen zu lassen“.
Eine gute Aussicht zum Schluss: auf Anfrage des Rechtsmagazins LTO erklärte der Pressesprecher des Bundesarbeitsgerichts, dass die Verfahren mit Bezug zur Pandemie „weitgehend abgearbeitet“ seien. Gut für uns, denn so können sich die Richter wieder aktuellen arbeitsrechtlichen Themen widmen, über die wir in unserem Journal regelmäßig berichten.
Zur Entscheidung des EuGH (Quarantäne während des Urlaubs): hier
Zur Pressemitteilung zur Entscheidung des BAG (Urlaubsverfall bei fehlender Impfung): hier