Skip to main content

Unruhe in Wolfsburg:
Der Betriebsrat siegt.

Die Volkswagen-Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo hat das geplante Fernbleiben des Konzernchefs Diess bei der Unternehmensversammlung kritisiert und verurteilt. Mit Erfolg: Der Vorstandsvorsitzende nimmt Teil.

Zunächst schien es so, als seien Herrn Diess amerikanische Investoren, die er genau zum Zeitpunkt der Unternehmensversammlung hätte treffen wollen, wichtiger als die eigene Belegschaft. Der Termin sei außerdem zu spät und nicht deutlich kommuniziert worden.
Das Echo aus den eigenen Reihen schallte dementsprechend harsch zurück: „Diese Provokation zeigt und, dass Herr Dr. Diess weiterhin keinerlei Interesse an einer konstruktiven Zusammenarbeit hat.“
Schon vor der Absage des Konzernchefs war der Wolfsburger Betriebsrat in Alarmbereitschaft, da das Mutterwerk in Wolfsburg kaum ausgelastet ist und droht so unproduktiv zu sein, wie es das letzte Mal in den 50er Jahren war. Auch aus diesem Grund verlangte die Arbeitnehmervertretung einen schnelleren Umstieg auf die Produktion von Elektrofahrzeugen, der jedoch frühstens mit dem 2026 anlaufenden Modell „Trinity“ anziehen soll.

„Bitte mehr wie Tesla sein.“

Als Vorbereitung auf den Umschwung inszeniert Diess die grüne Zukunftsvision VWs: Ein Managementmeeting mit Elon Musk, ein klares ‚Ja‘ zur Fridays For Future Bewegung und seine Teilnahme an einer Fahrraddemo konstruieren ein Bild der zukunftsgewandten Klimapolitik und der ökologischen Konzernentwicklung.
Herr Diess, der für diesen kommunikativen Umbruch eine spezialisierte PR-Agentur engagiert hat, muss zeitgleich die jüngsten Geschäftszahlen aus den Monaten Juni bis September rechtfertigen, die wie erwartet weiterhin unter der Chipkrise leiden. Die im Zuge dieser Flaute aufkommende Produktivitätsverbesserung und Fixkostenverminderung solle mit dem Abbau von 30.000 Stellen erreicht werden. Betriebsratschefin Daniela Cavallo bewertet dieses Vorhaben als „inhaltlichen Unfug“, der die Belegschaft verunsichere. Auch die IG-Metall redet von einer dramatischen Situation, die es so noch nie gegeben hätte. Der Vorstand gehe surfen, wandern und Rad fahren, während die Kolleginnen und Kollegen seit Monaten in der Kurzarbeit festhingen.
Den Auftrag „People Transformation“, den Diess Mitte September seiner Strategie-Division erteilt hatte, leitete die Betriebsratschefin an den Aufsichtsrat weiter. Gemeinsam mit den Eigentümerfamilien VWs, Niedersachsens Ministerpräsidenten und weiteren Aufsichtsratsmitgliedern wurde dieser Kulturbruch schließlich als inakzeptabel und nicht tolerierbar eingestuft, die Strategie zurückgezogen.

Die strategischen Züge einer Konzernleitung ziehen weite Wirkungskreise. Sie pflegen die Beziehungen zu Investoren, den Kunden und manchmal lediglich die Position der Führungsriege.
Nach reichlich Druck und Zwang ließ sich die Amerika-Roadshow dann doch verschieben. „Der Dialog mit Ihnen ist mir sehr wichtig, da vor uns gewaltige Aufgaben liegen.“ Gelöst sind dadurch Probleme der Lieferkette und Produktivität zwar nicht, doch ließ sich die Machtfrage im Konzern beantworten.