Ende der Homeoffice-Pflicht
Keine „Homeoffice-Pflicht“ mit der Neufassung der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung ab dem 01. Oktober 2022 –
Ist das jetzt gut oder schlecht? Oder anders: Wen interessiert’s?
Es mag das eine oder andere (wohl betriebsratlose) Unternehmen geben, das seinen Mitarbeiter*innen ausschließlich aufgrund und für die Dauer der letzten Arbeitsschutzverordnung Homeoffice angeboten hat. Unsere Praxis zeigt jedoch eher, dass Homeoffice oder mobiles Arbeiten keine Frage mehr von Inzidenzzahlen ist und, dass die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Doch fangen wir von vorne an: das Bundesarbeitsministerium verfolgt mit einer Neufassung der am 25. Mai 2022 ausgelaufenen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung das Ziel, „das betriebliche Infektionsgeschehen in den bevorstehenden schwierigen Herbst- und Wintermonaten bestmöglich einzudämmen“. Während die letzte Version noch eine Verpflichtung der Arbeitgeber*innen vorsah, den Mitarbeiter*innen zur Vermeidung von Kontakten ein Homeoffice-Angebot zu unterbreiten, soweit dem nicht zwingende (!) betriebliche Gründe entgegenstanden, wurde diese Verpflichtung nun deutlich abgeschwächt.
Die neue Fassung der Verordnung trat am 1. Oktober 2022 in Kraft und regelt zumeist bekannte Schutzmaßnahmen für die Verhinderung der Ausbreitung eines Infektionsgeschehens. Neben dem bereits bekannten Hygienekonzept, Testangeboten, Kontaktbeschränkungen usw. sind Arbeitgeber*innen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auch verpflichtet, die Homeoffice-Möglichkeit zu prüfen, sofern es sich um geeignete Tätigkeiten handelt und keine betrieblichen (!) Gründe entgegenstehen.
Ist es jetzt so gravierend, dass die Verpflichtung zum Homeoffice-Angebot so abgeschwächt wurde? Ich denke nicht, denn mit oder ohne Arbeitsschutzverordnung befinden sich nach wie vor rund 25 % aller Arbeitnehmer*innen laut einer Umfrage des Münchner ifo-Instituts im Homeoffice. Demnach lag der Anteil der Beschäftigten im Homeoffice im August bei 24,5 Prozent. Das sind nur 0,4 Prozentpunkte weniger als bei der letzten Erhebung im April. Entscheidend ist demnach nicht mehr, ob gerade eine SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung existiert oder nicht.
Arbeitgeber*innen haben kaum noch Argumente, um den Mitarbeiter*innen Homeoffice dort zu verwehren, wo es insbesondere während der Lockdowns gut funktioniert hat. Gleichzeitig werden Arbeitgeber*innen, die bisher kein Homeoffice angeboten haben, auch im Oktober kein Homeoffice anbieten. Ein einklagbares Recht auf Homeoffice hat es so oder so auch vorher nicht gegeben. Ob die Klausel der Arbeitsschutzverordnung nun zwingende betriebliche Gründe als Begründung zulässt oder eben schon (einfache) betriebliche Gründe, ist unserer Erfahrung nach hierfür nicht entscheidend.
Es sollte im Übrigen nicht unerwähnt bleiben, dass ein durchaus beachtlicher Teil an Mitarbeiter*innen froh ist, nicht (mehr) im Homeoffice arbeiten zu müssen. Doch auch für diese Mitarbeiter*innen gilt, dass die Frage ihres Arbeitsortes im Winter wahrscheinlich nicht von der neuen Arbeitsschutzverordnung abhängig sein wird.
Das Ganze zeigt uns mal wieder, wie wichtig betriebliche Regelungen zu mobiler Arbeit sind. Keine Arbeitsschutzverordnung ist in der Lage, die Interessen beider Seiten angemessen zu berücksichtigen, geschweige denn einen vernünftigen durchsetzbaren Anspruch zu generieren. Aus diesem Grund konzentrieren wir uns doch einfach weiterhin darauf, gute Betriebsvereinbarungen zu verhandeln und ärgern uns nicht über die Neufassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung. So ähnlich wird sich das vermutlich auch Herr Heil gedacht haben…