Skip to main content

Betriebsvereinbarung Arbeitszeit – 10 Dos and Don‘ts

Der Begriff „Arbeitszeit“ klärt nicht nur die Frage, wie viele Stunden Mitarbeiter*innen am Tag bzw. in der Woche ihre Arbeitsleitung erbringen müssen. Das Thema Arbeitszeit ist rechtlich und tatsächlich sehr komplex. Dabei wird der Begriff der „Arbeitszeit“ in Bezug auf die verschiedenen Fragestellungen unterschiedlich definiert.
Es existieren drei Faktoren, die das Thema Arbeitszeit maßgeblich beeinflussen: die Arbeitszeitplanung, die Interessen und Bedürfnisse der Beschäftigten sowie betriebswirtschaftliche und die arbeitsorganisatorischen Anforderungen.
Arbeitszeitregelungen greifen in vergütungsrechtliche, tarifvertragliche, kollektivrechtliche, individualrechtliche, arbeitsschutzrechtliche und arbeitsorganisatorische Fragestellungen ein, jeweils mit großen Folgen für die Betroffenen und ihre Familien und für die Wertschöpfung und Arbeitsorganisation des Unternehmens.

Was sollten also Betriebsräte bei dem Abschluss von Arbeitszeitregelungen beachten?
Hier die 10 Dos and Dont´s:

10 Dont’s bei Betriebsvereinbarungen zum Thema Arbeitszeit:

1.
Mangelndes Wissen über die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten des Betriebsrats und eine unerfahrene Kanzlei als Beratung!
Was ist Arbeitszeit, wo beginnt und endet die Mitbestimmung des Betriebsrats, was ist erzwingbar, was ist lediglich ein großzügiges Zugeständnis? Wer ist als Berater geeignet und erfahren genug, die zentrale Norm des Betriebes zu verhandeln?
2.
Unsicherheit über die Rahmenbedingungen des Betriebs!
Alle Rahmenbedingungen, die die Arbeitszeit beeinflussen können, müssen bekannt sein. Der Betriebsrat muss die Beschäftigungsstruktur im Betrieb (z.B. Teilzeitquote, Altersstruktur, Mehrfachbeschäftigung), den Fremdeneinfluss auf die Arbeitszeit z.B. durch Ansprechbarkeit für Kund*innen, die Verteilung der Arbeitnehmer*innen auf verschiedene Aufgabenbereiche und deren Verantwortlichkeiten, die Personalausstattung, die Qualifikation der Beschäftigten und vieles weiteres kennen.
3.
Gefährdungsbeurteilungen nicht nutzen!

Für das im Betrieb gelebte Arbeitszeitmodell muss eine Gefährdungsbeurteilung vorliegen oder schnellstmöglich erfolgen. Die Gefährdungsbeurteilung dient der Abmilderung von Risiken und Gefahren und ist Grundlage für die Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberseite von abhelfenden – auch auf die Arbeitszeitausgestaltung wirkenden – Maßnahmen. Der Betriebsrat hat alle rechtlichen Möglichkeiten der Erzwingung, er muss sie nur nutzen! Ohne Gefährdungsbeurteilung ist keine Mitbestimmung über die Schutzmaßnahmen möglich.
4.
Die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit der Arbeitgeberseite überlassen!

Der Betriebsrat hat bei den wesentlichen Rahmenbedingungen eines seiner stärksten Mitbestimmungsrechte. Nach § 5 Abs. 3 ArbSchG kann sich eine Gefährdung der Mitarbeiter*innen u.a. durch die die Gestaltung, von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken sowie durch psychische Belastungen bei der Arbeit ergeben. Die Betriebspartner vereinbaren nicht nur a) welche Arbeitsplätze, b) mit welchen Methoden und c) auf welche möglichen Gefahrenursachen hin untersucht werden, sondern auch, welche Maßnahme für die Abmilderung angewendet wird.
5.
Urlaubsgrundsätze außer Acht lassen!

Zusätzlich zur Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit“ ist eine Betriebsvereinbarung „Urlaubsplanung und Urlaubsgrundsätze“ abzuschließen. Dienstpläne und Urlaubsgrundsätze haben unmittelbaren Einfluss aufeinander. Die Urlaubsplanung muss zudem langfristig auf einem verlässlichen Dienst- und Vertretungsplan erfolgen, damit Urlaubsrückkehrer nicht stark belastet werden und das Ziel der Urlaubserholung andauert, statt ins Leere zu laufen.
6.
Eine Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit“ für alle Mitarbeitergruppen und Arbeitszeitmodelle

Die Betriebsvereinbarung ist klar und übersichtlich zu gestalten. Unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsschutzes muss sie auch abänderbar sein. Eine Betriebsvereinbarung für alle Arbeitszeitmodelle ist zu vermeiden. Sie trägt die Gefahr in sich, dass Kompromisse zu Lasten einer Gruppe von Mitarbeiter*innen zu Gunsten einer anderen Gruppe erfolgen. Jede arbeitszeitrechtliche Belastung ist bei den Belasteten selbst zu lindern und nicht als sog. Koppelungsgeschäft für andere Gruppen.
7.
Mitbestimmung mit der Betriebsvereinbarung aus der Hand geben!

Das Thema „Arbeitszeit“ sieht regelmäßig wiederkehrende, aber auch spontane Mitbestimmungshandlungen vor. Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung muss diesem Umstand Rechnung tragen. Möglichst jeder Automatismus und die antizipierte Zustimmung des Betriebsrats sind zu vermeiden.
8.
Annehmen, der Abschluss der Betriebsvereinbarung verhindert zukünftige Konflikte!

Der Betriebsrat hat eine Vielzahl von Mitbestimmungsrechten auf dessen Bestehen er im Konfliktfall pochen kann. Fehler oder Fehlentwicklungen müssen durch den Betriebsrat jederzeit korrigierbar sein. Während der Verhandlungen sind effektive Konfliktlösungsmöglichkeiten zu den möglichen „Streitthemen“ zu implementieren.
9.
Die Formulierung der Betriebsvereinbarung der Gegenseite überlassen!

Die Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit ist sorgfältig, rechtssicher und unmissverständlich zu formulieren. Interpretationsmöglichkeiten von Textpassagen sind zu vermeiden. Sie wirken sich zumeist zu Lasten der Mitarbeiter*innen aus. Der Betriebsrat stimmt im Übrigen immer nur über die von der Arbeitgeberseite bereits unterschriebene Version ab, nie umgekehrt.
10.
Keine Abteilungsversammlung durchführen und die Betriebsversammlung unzulänglich vorbereiten!

Zu Beginn der Verhandlungen über die Betriebsvereinbarung ist eine Abteilungsversammlung mit den betroffenen Mitarbeitern durchzuführen (Achtung: Versammlung nach § 43 Abs. 1 S. 4 BetrVG!). Die abschließende Betriebsversammlung ist gut vorzubereiten.

10 Dos bei Betriebsvereinbarungen zum Thema Arbeitszeit:


1. Wissen zum Thema Arbeitszeit schnellstmöglich „besorgen“ und die bestmögliche Beratung engagieren!


2. Alle Daten zur Betriebsorganisation kennen – wie Leistungsangebot, Standort, Struktur der Belegschaft, geplante Ausfälle der Belegschaft, Erfahrungssätze der nicht planbaren Ausfälle, Vertretungsregelungen, etc.


3. Für das im Betrieb gelebte Arbeitszeitmodell gibt es eine Gefährdungsbeurteilung.


4. Der Betriebsrat bestimmt die Rahmenbedingungen für die Arbeitszeit mit!


5. Es gibt eine Betriebsvereinbarung zur Urlaubsplanung und der Urlaubsgrundsätze.


6. Die Betriebsvereinbarung ist klar, übersichtlich und unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsschutzes abänderbar!

7. Der Betriebsrat behält bei der Arbeitszeit sein Mitbestimmungsrecht!


8. Effektive Konfliktmechanismen implementieren!

9. Die Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit ist sorgfältig, rechtssicher und unmissverständlich formuliert!

10. Mindestens anfangs eine Betriebs- oder Abteilungsversammlung zur Klärung der Ausgangslage und Problematik abhalten, dabei mit den Mitarbeiter*innen in den Dialog gehen. Nach Abschluss der Betriebsvereinbarung die „beste“ Betriebsversammlung über die vereinbarte Regelung abhalten.