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Workation – Fluch oder Segen?

In Zeiten des Fachkräftemangels geben Arbeitgeber beim Recruiting alles. Immer mehr Unternehmen werben damit, ihren Beschäftigten „flexibles Arbeiten“ oder „remote work“ zu ermöglichen. Das führt auch dazu, dass der eine oder die andere vom mobilen Arbeiten im Ausland träumt – Workation, eine Mischung aus „work“ und „vacation“. Doch geht das einfach so?

Welche Risiken das grenzüberschreitende „Mobile-Office“ mit sich bringen kann und was Betriebsräte beachten müssen:

1) Mitbestimmungsrecht
Die Ausgestaltung von mobiler Arbeit ist gem. § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Wenn Arbeitgeber*innen mobiles Arbeiten – auch im Ausland – ermöglichen wollen, müssen die Rahmenbedingungen hierfür mit dem Betriebsrat vereinbart werden. Aufgrund der verschiedenen rechtlichen Aspekte, die Hürden darstellen können, sollten Betriebsräte sich bei diesem komplexen Thema Berater*innen zur Seite nehmen.

2) Arbeitsrechtliche Aspekte
Zunächst muss allen Beteiligten klar sein, dass Arbeitsschutzbestimmungen und auch Arbeitszeitregelungen ortsunabhängig gelten. Gibt es Betriebsvereinbarungen zur Arbeitszeit, müssen diese grundsätzlich auch im Ausland beachtet werden. Gleiches gilt für den Arbeitsschutz. Betriebsrat und Arbeitgeber sollten im Rahmen der Verhandlungen zum mobilen Arbeiten im Ausland die bestehenden Regelungen entsprechend berücksichtigen und – falls erforderlich – anpassen.

3) Steuern
Steuern sind für viele Beschäftigte ein leidiges Thema. Dennoch ist es besonders für die Arbeitnehmer*innen wichtig, dass das mobile Arbeiten im Ausland keine steuerrechtlichen Risiken mit sich bringt. Hier kommt es maßgeblich darauf an, wo und wie lange mobil gearbeitet wird – außerhalb der EU gilt es mehr zu beachten und bei ausgedehnten Auslandsaufenthalten droht im schlechtesten Fall eine Steuernachzahlung. Hier bietet es sich an, die Dauer möglicher Auslandsaufenthalte und die Destinationen einzugrenzen, um für alle Beteiligten Rechtssicherheit zu schaffen. Letzteres ist auch sinnvoll, um aufenthaltsrechtliche Probleme (für die Beschäftigten selbst) zu vermeiden, denn innerhalb der EU gilt gemäß Art. 21 AEUV der Grundsatz der Freizügigkeit.

4) Sozialversicherung
Auch Sozialversicherungsrecht lässt wenig Augen leuchten. Hier hat die COVID-19-Pandemie uns allerdings einen ihrer wenigen Vorteile gebracht: mobiles Arbeiten und Home-Office sind in vielen Unternehmen zum Standard geworden, was auch dazu geführt hat, dass die Sozialversicherungsträger sich mit der Frage beschäftigen mussten, wie es sich auf die Zugehörigkeit zur Sozialversicherung auswirkt, wenn Beschäftigte ihren mobilen Arbeitsplatz in die Ferienwohnung in Portugal oder das Wohnmobil in der Bretagne verlegen. Grundsätzlich gilt: werden Arbeitnehmer*innen auf Geheiß des Arbeitgebers im Ausland tätig, handelt es sich um eine sogenannte Entsendung. Der Arbeitgeber beantragt die Entsendung bei der zuständigen Krankenkasse mit einer „A1-Bescheinigung“. Diese Bescheinigung belegt einerseits die Zugehörigkeit zur Sozialversicherung im Heimatland, andererseits schützt sie davor, im Ausland versicherungs- und beitragspflichtig zu werden. Anfang 2020 haben der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Bundesagentur für Arbeit und die DGUV eine gemeinsame Verlautbarung veröffentlicht und darin klargestellt, dass eine Entsendung auch vorliegen kann „wenn die Initiative für den Auslandseinsatz vom Arbeitnehmer ausgeht“.

5) Genehmigungsprozess
Da die A1-Bescheinigung durch den Arbeitgeber beantragt wird, muss dieser wissen, wer wann und wo im Ausland tätig werden will. Aus diesem Grund und auch um eine Planbarkeit und eine faire Aufgabenverteilung sicherzustellen, ist ein wichtiger Aspekt der Betriebsvereinbarung die Regelung des Genehmigungsprozesses. Alle Arbeitnehmer*innen sollten grundsätzlich den gleichen Zugang zum mobilen Arbeiten im Ausland haben und durch optimale Vorbereitung ortsunabhängig geschützt sein.

Gerne unterstützen die Rechtsanwält*innen von LNS auch Sie als Betriebsrat dabei, Ihren Kolleg*innen eine Workation zu ermöglichen – melden Sie sich gerne bei uns.