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Der AI-Act: Was Betriebsräte wissen sollten

Der AI Act der Europäischen Union – am 21. Mai 2024 verabschiedet – schafft erstmals verbindliche Regeln für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Europa. Diese Regulierung ist besonders wichtig für Betriebsräte, da KI-Systeme zunehmend in der Arbeitswelt eingesetzt werden, insbesondere bei der Überwachung, Personalauswahl oder Leistungsbewertung. Die Hauptaufgabe der Betriebsräte ist es, sicherzustellen, dass der Einsatz dieser Technologien die Rechte der Arbeitnehmer*innen nicht beeinträchtigt.

Was regelt der AI Act?
Der AI Act teilt KI-Systeme in vier Risikoklassen ein:
1. Verbotene KI: Diese Systeme sind in der EU nicht zugelassen. Darunter fallen z.B. KI-basierte Überwachungstechnologien, die Arbeitnehmer*innen heimlich beobachten, oder Systeme, die das Verhalten von Arbeitnehmer*innen unzulässig manipulieren.
2. Hochrisiko-KI: Diese Kategorie betrifft Anwendungen, die erheblichen Einfluss auf das Leben und die Arbeitswelt haben. Darunter fallen Systeme zur automatisierten Personalauswahl, Leistungsbewertung oder Arbeitnehmerüberwachung. Solche KI-Systeme unterliegen strengen Anforderungen an Transparenz, Fairness und Sicherheit.
3. Limitierte KI: Diese Systeme bergen moderate Risiken. Es handelt sich etwa um Chatbots oder Software zur Unterstützung von Entscheidungsprozessen. Auch hier gelten Transparenzanforderungen, gleichwohl sind die regulatorischen Auflagen weniger streng.
4. Minimales Risiko: KI-Systeme wie etwa automatische E-Mail-Filter oder ähnliche Programme fallen in diese Kategorie und unterliegen keiner spezifischen Regulierung.

Relevanz für Betriebsräte: Mitbestimmung und Schutz der Arbeitnehmer*innen

Für Betriebsräte sind vor allem Hochrisiko-KI-Systeme relevant, da sie tiefgreifende Auswirkungen auf die Arbeitssituation der Belegschaft haben können. Der AI Act fordert, dass Unternehmen transparente Prozesse für den Einsatz von KI schaffen und sicherstellen, dass diese Systeme nachvollziehbar und sicher sind.
Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG spielen dabei eine zentrale Rolle. Wenn Unternehmen KI-Systeme zur Überwachung oder Leistungsbewertung der Arbeitnehmer*innen einsetzen wollen, muss der Betriebsrat beteiligt werden. Trotz der hohen Komplexität darf dies den Betriebsrat nicht abschrecken, im Gegenteil: Nutzen Sie die Chance, konkret mitbestimmen zu dürfen. Dies bedarf vorheriger Schulungen sowie juristischem und technischem Sachverstand.

Risiken durch KI: Diskriminierung und Intransparenz

Ein zentrales Risiko des KI-Einsatzes ist die Diskriminierung. KI-Systeme können unbewusst Vorurteile schaffen, etwa durch fehlerhafte Daten oder voreingestellte Algorithmen. Betriebsräte müssen daher sicherstellen, dass KI-Anwendungen regelmäßig überprüft und jederzeit fair eingestellt werden, um Diskriminierung zu verhindern.
Ein weiteres Problem ist die Intransparenz von Entscheidungen, die durch KI getroffen werden. Viele Algorithmen sind derart komplex, dass die Entscheidungsgrundlagen für Außenstehende schwer verständlich sind. Der AI Act sieht vor, dass Unternehmen sicherstellen müssen, dass hochriskante KI-Systeme nachvollziehbar bleiben. Betriebsräte sollten darauf bestehen, dass Entscheidungen durch KI transparent gemacht und überprüfbar sind.

Handlungsempfehlungen für Betriebsräte

1. Transparenz sicherstellen: Betriebsräte sollten darauf bestehen, dass das Unternehmen den Einsatz von KI-Anwendungen offenlegt und erklärt, wie diese funktionieren und welche Auswirkun-gen sie auf die Arbeitsbedingungen haben.
2. Mitbestimmungsrechte nutzen: Der Betriebsrat hat ein Recht auf Mitbestimmung bei der Einführung und Nutzung von KI-Systemen, die die Leistung oder das Verhalten der Arbeitnehmer*innen überwachen können. Hier sollten Betriebsräte frühzeitig einbezogen werden und eine kollektivrechtliche Regelung vereinbaren. Bestehende Konzern-/Gesamt- sowie Betriebsvereinbarungen müssen angepasst werden. Durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz wurde zudem die Rege-lung des § 80 Abs. 3 BetrVG erweitert und hierdurch die Hinzuziehung von Sachverständigen vereinfacht.
3. Diskriminierung verhindern: Betriebsräte müssen sicherstellen, dass KI-Systeme nicht zu diskriminierenden Entscheidungen führen. Dies erfordert regelmäßige Überprüfungen der verwendeten Algorithmen und Daten.
4. Schulung und Weiterbildung: KI wird zunehmend Arbeitsprozesse beeinflussen. Betriebsräte sollten sich fortbilden und sicherstellen, dass auch die Belegschaft im Umgang mit neuen Technologien geschult wird.

Fazit: Wachsamkeit und Mitbestimmung notwendig
Der AI Act stellt Betriebsräte vor neue Herausforderungen und bietet zeitgleich wichtige Schutzmecha-nismen. Durch den risikobasierten Ansatz wird die Nutzung von KI im Unternehmen strenger reguliert, insbesondere, wenn es um hochriskante Anwendungen geht. Betriebsräte müssen wachsam bleiben, um sicherzustellen, dass der Einsatz von KI-Systemen transparent erfolgt, die Arbeitnehmerrechte gewahrt bleiben und keine Diskriminierung stattfindet. Gleichzeitig sollten sie die Mitbestimmungsrechte voll ausschöpfen, um faire und sichere Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Hierbei ist eine jederzeitige Überprüfung notwendig.

von Juliane Nieswandt