Nebenjobs im Fokus
Zunächst zur Klärung der wesentlichen Fragen:
Kann die Arbeitgeberin Nebenjobs verbieten oder müssen Nebentätigkeiten bei der Hauptarbeitgeberin angezeigt oder beantragt werden? Und was ist überhaupt eine sog. Nebentätigkeit?
Nebentätigkeiten sind Tätigkeiten bei anderen Unternehmen, ein zweiter Job bei der Hauptarbeitgeberin, selbständige Tätigkeiten im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags oder unentgeltliche und/oder ehrenamtliche Tätigkeiten.
Nebentätigkeiten sind erlaubt, und zwar auch ohne eine ausdrückliche Genehmigung der Arbeitgeberin. Beschäftigte haben mit dem Abschluss ihrer Arbeitsverträge nicht ihre ganze Arbeitskraft, sondern nur eine bestimmte Zeitspanne zur Verfügung gestellt. Daraus folgt, dass es den Beschäftigten grundsätzlich freisteht, eine Nebenbeschäftigung ohne Genehmigung der Arbeitgeberin aufzunehmen.
Gesetzlich angeordnet ist eine generelle Genehmigungspflicht nur für die Nebentätigkeit von Beamt*innen sowie den Angestellten im öffentlichen Dienst.
Für alle anderen Beschäftigten gilt: besteht keine tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Regelung, benötigen Beschäftigte keine Genehmigung für einen Nebenjob. Sie müssen noch nicht einmal ankündigen, dass sie eine Nebentätigkeit aufnehmen.
Grund dafür ist die Berufsausübungsfreiheit: Art 12. GG schützt die Freiheit der Berufsausübung und damit auch, ob Arbeitnehmer*innen einer Nebentätigkeit nachgehen oder sogar einen Zweitjob ausüben. Das betrifft auch selbstständige oder ehrenamtliche Tätigkeiten sowie Nebenjobs von Arbeitnehmer*innen im Rahmen eines zweiten Arbeitsvertrags.
Ein generelles einzelvertragliches Nebentätigkeitsverbot würde zu einer unangemessenen Beschränkung von Beschäftigten führen, da dies die Berufsfreiheit oder die persönliche Freiheit nach Art. 2 GG eingrenzen würde. Finden sich im Arbeitsvertrag oder in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag keine Regelungen über Nebentätigkeiten, so sind Nebentätigkeiten generell erlaubt, und zwar auch ohne ausdrückliche Genehmigung der Arbeitgeberin.
Es gibt arbeitsvertragliche Formulierungen, die nach den Bestimmungen von §§ 305 ff. BGB als zulässig anzusehen sind und nach denen eine Zustimmungseinholungspflicht bei entgeltlichen Nebenbeschäftigungen vorgesehen ist. In diesen Fällen haben Beschäftigte grundsätzlich Anspruch auf Zustimmung der Arbeitgeberin, wenn die Aufnahme der Nebentätigkeit betriebliche Interessen nicht beeinträchtigt, so BAG, Urteil vom 11.12.2001 – 9 AZR 464/00. Dieser Anspruch kann einzelvertraglich nicht abbedungen werden.
Wenn eine generelle Genehmigungspflicht für die Nebentätigkeit nicht besteht, sind Beschäftigte zumindest verpflichtet, der Arbeitgeberin eine geplante Nebentätigkeit anzuzeigen, soweit hiervon die Interessen der Arbeitgeberin tangiert werden können. Im Groben können sich Interessenverletzungen aus sozialversicherungs-, steuer- oder arbeitsschutzrechtlichen Gründen ergeben oder Konkurrenzerwägungen vorliegen. Bei welchen Sachverhalten können beispielsweise Interessenverletzungen vorliegen?
• Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine pauschal versicherte geringfügig beschäftigte Arbeitskraft (sogenannte Minijobber) eine weitere geringfügige Beschäftigung aufnimmt und damit die Grenzen der Geringfügigkeit gemäß § 8 SGB IV überschritten werden.
• In seltenen Fällen kommt es auch zu so genannten Konkurrenztätigkeiten, sofern Beschäftigte der Arbeitgeberin in unzulässiger Weise Konkurrenz (im Sinne von Selbst-im-Wettbewerb-stehend) machen.
• Häufiger gibt es einen Konflikt in Bezug auf die Arbeitszeit von Haupt- und Nebentätigkeit. Da nach § 3 ArbZG die zulässige werktägliche Höchstgrenze von 8 Stunden beziehungsweise von maximal 10 Stunden bei entsprechendem Zeitausgleich verletzt werden könnte oder die Ruhezeit nach § 5 ArbZG von 11 Stunden unterbrochen würde.
• Zusätzlich ist in § 8 BUrlG Beschäftigten untersagt, während des gesetzlichen Mindesturlaubs eine dem Urlaubszweck (Erholung) widersprechende Erwerbstätigkeit zu leisten. Dieses Verbot gilt grundsätzlich auch für die Nebentätigkeit, wenn Beschäftigte sich bei ihrer Haupttätigkeit im Erholungsurlaub befinden.
• Unzulässig ist es auch, wenn Mitarbeitende während krankheitsbedingter Abwesenheit eine Nebentätigkeit ausüben, die den Heilungsprozess verzögern würde.
• Eine Interessenverletzung liegt ebenfalls vor, wenn die Nebentätigkeit unter den Begriff der Schwarzarbeit fällt.
Besonderheiten gibt es für Altersteilzeit-Beschäftigte sowie Arbeitnehmer*innen, die sich in Elternzeit befinden. Soll während der Elternzeit eine Teilzeittätigkeit von maximal 30 Wochenstunden bei einem anderen Arbeitgeber oder eine selbständige Tätigkeit ausgeübt werden, wird die Zustimmung des Hauptarbeitgebers benötigt.
Was kann der Betriebsrat bzgl. der Behandlung von Nebenjobs machen?
Zunächst sind bei der Einstellung von Zweitjobbern im eigenen Betrieb die Mitbestimmungsrechte nach § 99 BetrVG zu beachten, eigene Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG in Bezug auf Nebenjobber und TzBfG sind nochmals kritisch zu bewerten, ggf. anzupassen oder zu erstellen.
Außerdem ist der Betriebsrat nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verpflichtet, über die Wahrung der Schutzgesetze der Beschäftigten zu wachen und sollte entsprechend an die Arbeitgeberin herantreten, sofern diese gegen die oben genannten Regeln bzgl. der Behandlung von Nebenjobs verletzt. Aktiv sollte der Betriebsrat in einer Betriebsversammlung die Beschäftigten über ihre Rechte bei Nebenjobs aufklären und zudem anbieten, bei Personalgesprächen zu diesem Thema zu begleiten.
Der Betriebsrat sollte zudem mit der Arbeitgeberin im Sinne einer größeren Transparenz eine (freiwillige) Betriebsvereinbarung oder eine Unternehmensverfahrensanweisung abschließen.