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Betriebsratswahlen 2026 (auch) online?

Was bis vor ein paar Jahren – insbesondere bis zur Coronapandemie – noch in weiter Ferne oder gar unmöglich schien, könnte schon bald Realität werden. Die Sondierungen von Union und SPD zur Bildung einer neuen Bundesregierung sind abgeschlossen und beide Seiten haben im Vorfeld der Wahl mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Möglichkeit, einen Betriebsrat online zu wählen, schaffen wollen.

Im Wahlprogramm der Union findet sich hierzu unter der Überschrift „Tarifpartnerschaft, Mitbestimmung und Lohnuntergrenze stärken“ der Bulletpoint „Online und analog“. Neben dem Ermöglichen von Online-Betriebsratssitzungen und Online-Betriebsversammlungen als gleichwertige Alternativen zu Präsenzformaten, soll insbesondere auch die Option, online zu wählen, im Betriebsverfassungsgesetz verankert werden.

Die sog. Restampel (SPD und Grüne) hat unter dem 27. November 2024 per Kabinettsbeschluss den Regierungsentwurf zum „Tariftreuegesetz“ verabschiedet. Ein Gesetz, das in gemeinsamer Federführung des SPD-geführten Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie dem Grünen-geführten Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz entstanden ist. Anders als es der Name des Gesetzesentwurfes vermuten lässt, beinhaltet der Entwurf auch eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes. Es soll ein § 18b „Online-Wahl“ in das Betriebsverfassungsgesetz eingefügt werden. Dieser soll für die nächsten regulären Betriebsratswahlen im Jahr 2026, im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und – schon bestehendem – Betriebsrat, dem Wahlvorstand die Möglichkeit eröffnen, die Wahl des Betriebsrats ergänzend zu den bestehenden Möglichkeiten der Stimmabgabe auch im Wege der elektronischen Stimmabgabe durchzuführen. Anders als bei der „analogen“ Betriebsratswahl soll der Betriebsrat im Falle der Online-Wahl spätestens 26 Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit einen aus fünf Wahlberechtigten Arbeitnehmern bestehenden Wahlvorstand bestellen. Zudem soll der Betriebsrat dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales mitteilen, dass die Möglichkeit der Online-Wahl in seinem Betrieb eröffnet wurde. Die Online-Wahl soll nach dem Regierungsentwurf sodann nur unter Verwendung von Online-Wahlprodukten durchgeführt werden, die nach einem bestimmten Schutzprofil des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert sind. Nach Abschluss der Wahl soll der neu gewählte Betriebsrat dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales oder einem von diesem Beauftragten die zur Evaluierung notwendigen Informationen und Daten zur Verfügung stellen.

Im Ergebnis ist nach dem Regierungsentwurf daher zunächst die Verankerung eines Testlaufs der Online-Wahlen für die nächsten regulären Betriebsratswahlen geplant. Vor dem Hintergrund des Endes der Ampelregierung ist das Gesetzgebungsverfahren zwar bislang nicht über den Status des Regierungsentwurfs hinausgelangt. In dem am Samstag, den 8. März 2025, veröffentlichten Sondierungspapier wird das Tariftreuegesetz jedoch wenigstens erwähnt. So heißt es dort: „Deswegen werden wir ein Bundestariftreuegesetz auf den Weg bringen.“ Ob darin weiterhin die Möglichkeit zur Online-Wahl des Betriebsrats enthalten sein soll, bleibt abzuwarten.

Es bleibt daher abzuwarten, ob und wie Union und SPD – sofern sie sich auf eine Regierungsbildung einigen können – die Möglichkeit der Online-Wahl tatsächlich schon für die nächsten regulären Wahlen im Jahr 2026 eröffnen. Für an einer Online-Wahl interessierte Betriebsräte lohnt es sich, das Thema im Auge zu behalten.

Neben der sich bietenden Chance geht die Online-Wahl aber auch mit einem Risiko einher. Gerade zu Beginn werden sich in der Praxis Probleme und Fragestellungen ergeben, die naturgemäß durch die Rechtsprechung noch nicht beantwortet sind, sodass sich zwangsläufig auch neue Fallstricke für den Wahlvorstand ergeben werden, die eine Anfechtung der Betriebsratswahl gegebenenfalls ermöglichen.

Bei Fragen zur Betriebsratswahl unterstützen die Anwält*innen von LNS gerne.

von Fabian Kästner