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Neues aus Berlin: Was ändert sich im Arbeitsrecht?

Die Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD waren erfolgreich – jetzt ist auch die erste Phase der Koalitionsverhandlungen abgeschlossen. In insgesamt 16 Arbeitsgruppen wurden die Inhalte und Ziele der künftigen Koalition zwischen den jeweiligen Parteivertreter*innen abgestimmt und erste Ergebnisse vorgelegt. Nun erfolgt zunächst eine Redaktionsphase, in welcher Ergebnisse zusammengeführt werden und festgehalten wird, wo es noch Differenzen gibt. Geplant ist, dass der Koalitionsvertrag bis Ostern unterzeichnet wird.

Im Fokus der Öffentlichkeit stehen die Themen Migration, Wirtschaft und Außenpolitik, doch es werden natürlich auch in anderen Bereichen Gespräche geführt. Auch zum Thema „Arbeit und Soziales“ gab es eine eigene Arbeitsgruppe. Folgendes wurde bislang für das Arbeitsrecht vereinbart:

Ein Mindestlohn von 15,- Euro sei im Jahr 2026 „erreichbar“. Eine klare Festsetzung gibt es bisher nicht.

Durch das sog. Bundestariftreuegesetz wollen die Parteien eine höhere Tarifbindung erreichen. Der Bund soll demnach öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben können, die an Tarifverträge gebunden sind. Ziel dieses Gesetzes ist es, die seit Jahren rückläufige Tarifbindung wieder zu stärken und zu erreichen, dass tarifgebundene Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben. Uneinigkeit besteht noch bei den Maßstäben des Tariftreuegesetztes, d.h. ab welchem Auftragsvolumen das Gesetz zur Anwendung kommen soll.

Einigkeit besteht darin, dass Online-Betriebsratssitzungen und Online-Betriebsversammlungen als gleichwertige Alternativen zu Präsenzformaten ermöglicht werden sollen. Zusätzlich soll die Option, online zu wählen, im Betriebsverfassungsgesetz verankert werden.

Das Rentenniveau soll stabilisiert werden; es ist nur noch unklar, auf welcher Höhe dies erfolgen wird. Die Parteien haben sich bislang darauf geeinigt, den Übergang von Beruf zur Rente zu flexibilisieren. Wer in der Rente freiwillig weiterarbeiten möchte, soll bis zu 2.000,- Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen können. Zudem soll die „Mütterrente“ ausgeweitet werden. Auch für vor 1992 geborene Kinder sollen dann drei statt wie bisher maximal zweieinhalb Erziehungsjahre bei der Rente angerechnet werden.

Ein in der Öffentlichkeit kontroverses Thema, worüber sich jedoch die Koalitionsparteien einig sind, ist die Höchstarbeitszeit: statt einer täglichen soll es nur noch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit geben. Momentan darf gemäß § 3 ArbZG die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Dies kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Auch wenn im Gesetz keine wöchentliche Höchstfrist vorgeschrieben ist, ergibt sich hieraus eine maximale durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden, da das Arbeitszeitgesetz von einer Sechs-Tage-Woche ausgeht. Europarechtlich wäre eine solche Anpassung möglich, da in der geltenden EU-Richtlinie 2003/88/EG gar keine tägliche Höchstarbeitszeit geregelt ist, sondern lediglich eine wöchentliche. Gemäß Art. 6 der Richtlinie darf die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreiten.

Zuletzt sollen mit dem Argument, dass sich Mehrarbeit mehr auszahlen soll, steuerfreie Zuschläge für Mehrarbeit gezahlt werden können. Es soll auch ein steuerlicher Anreiz zu Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten geschaffen werden: wenn der Arbeitgeber eine Prämie zur Ausweitung der Arbeitszeit zahlt, soll diese Prämie steuerlich begünstigt werden.

Bekanntermaßen können die vorläufigen Ergebnisse der Koalitionsgespräche lediglich als gemeinsame Richtung der neuen Koalition verstanden werden. Was letztlich im Koalitionsvertrag vereinbart und dann auch tatsächlich umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

von Elisabeth Rapp-Frick