Die wöchentliche Höchstarbeitszeit als neues Projekt der Bundesregierung
Doch wie wird die konkrete Ausgestaltung aussehen? Gilt die wöchentliche Höchstarbeitszeit für alle Arbeitnehmer*innen? Und was sagen Handelsverband und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) zum geplanten Vorhaben?
Das Thema „Reformen im Bereich der Höchstarbeitszeit“ löste in der Vergangenheit regelmäßig kontroverse Diskussionen aus. Dass dieses Thema auch Niederschlag in den Koalitionsverhandlungen finden wird, überrascht wenig, da beide Koalitionspartner in ihren Wahlprogrammen die Forderung einer Flexibilisierung des Arbeitsmarktes betonten. Nun sind SPD und Union sich einig: der Koalitionsvertrag sieht eine Änderung des deutschen Rechts dahingehend vor, dass „die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit“ (Rn. 559 KV) geschaffen werden soll.
Die tägliche Arbeitszeit ist nach derzeitiger Rechtslage auf regelmäßig acht Stunden täglich limitiert, wobei das Arbeitszeitgesetz von einer Sechs-Tage-Woche ausgeht. Ausnahmsweise ist es möglich, die tägliche Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden auszuweiten, sofern ein Ausgleich stattfindet. Diese Vorgabe ist ausschließlich national geprägt – sie findet gerade keine Entsprechung in der europäischen Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG), die allein die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden, die Pausen während der Arbeit und die elfstündige Ruhezeit nach geleisteter Arbeit normiert.
Die konkrete Ausgestaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen. Aus dem Koalitionsvertrag folgt, dass sie nach einem „Dialog mit den Sozialpartnern“ (Rn. 560 KV) festgelegt werden soll. Aus dem in den Bundestag eingebrachten Entschließungsantrag aus Juni 2024 geht hervor, dass die Union die Regelung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit für alle Betriebe fordert. Dazu hatte sie vorgeschlagen, das Arbeitszeitgesetz zu ändern. Nach bisherigen Forderungen der SPD – etwa im Eckpunktepapier „Wachstumsinitiative“ der vormaligen Regierung aus Juli 2024 – soll die Flexibilisierung der Arbeitszeit dagegen den Tarifvertragsparteien überlassen werden.
Der Handelsverband begrüßt das Vorhaben von Union und SPD und spricht von einer „Win-Win-Situation“. Die tägliche Begrenzung der Arbeitszeit auf eine wöchentliche zu ändern, wäre aus Sicht von Alexander von Preen, Präsident des Handelsverbands Deutschland, auch ein Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit Blick auf die europäische Arbeitszeitrichtlinie merkte er an, dass es Zeit werde, die Spielräume auch in Deutschland endlich voll auszuschöpfen.
Der DGB dagegen warnt vor einer Umstellung auf die wöchentliche Höchstarbeitszeit. Das Arbeitszeitgesetz sei keine politische Verhandlungsmasse, so DGB-Chefin Yasmin Fahimi. „Es ist ein Schutzgesetz, das Erholung und Gesundheit sichert, und fußt auf arbeitsmedizinischen Erkenntnissen“. Sie befürchtet Nachteile für Arbeitnehmer*innen: „Wäre nur die tägliche Ruhezeit von elf Stunden gesichert, riskieren wir regelmäßige 13-Stunden-Schichten als neuen Standard.“
Wie die Vergangenheit beweist, werden regelmäßig nicht alle Inhalte aus Koalitionsverträgen umgesetzt. Es bleibt daher abzuwarten, ob und in welcher Form die Einführung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit erfolgen wird.
von Franziska Ranft