Endlich: Stärkung Europäischer Betriebsräte
Das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedsstaaten haben nach mehrjähriger Evaluierung und Konsultation eine politische Einigung über die Überarbeitung der Richtlinie über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats (RL 2009/38/EG) erzielt.
Was bedeutet das?
Eine politische Einigung in der EU ist eine Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und den Mitgliedsstaaten (in der Regel Rat der Europäischen Union) über ein bestimmtes Gesetzgebungsvorhaben. Die politische Einigung führt (noch) nicht zum Inkrafttreten einer Richtlinie, vielmehr ist im Anschluss die förmliche Verabschiedung durch Parlament und Rat erforderlich. Da es sich um eine Richtlinie handelt, haben die Mitgliedsstaaten dann nach Inkrafttreten noch zwei Jahre Zeit, um die Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen. Das Ziel ist somit noch nicht erreicht, ein wichtiger Schritt ist getan.
Was beinhaltet die Überarbeitung?
Bei der Überarbeitung der Richtlinie steht die Stärkung der Europäischen Betriebsräte im Vordergrund. Außerdem geht es um Klarstellungen. Die Überarbeitung beinhaltet unter anderem folgende Punkte:
• Bislang hatte der Europäische Betriebsrat nach Konsultation über eine Veränderung im Unternehmen eine Stellungnahme abzugeben. Arbeitgeber sollten sich mit dieser auseinandersetzen, sie mussten jedoch nicht hierauf reagieren. Künftig ist eine begründete Antwort auf die Stellungnahme des Europäischen Betriebsrats durch die Unternehmensleitung vorgesehen.
• Um auch indirekte Auswirkungen auf Arbeitnehmer*innen in anderen Mitgliedsstaaten – etwa bei Verlagerungen – angemessen zu berücksichtigen, wird der Begriff „länderübergreifende Angelegenheiten“ neu definiert.
• Einer der wichtigsten Punkte ist der verbesserte Zugang zu Gerichten. Bis dato sind weder die für Verstöße vorgesehenen Strafen in allen Mitgliedsstaaten abschreckend genug noch haben Europäische Betriebsräte nach allen nationalen Rechtsgrundlagen die Möglichkeit, ihre Rechte gerichtlich (ohne Kosten) durchzusetzen. Dies wird sich künftig verbessern.
• Bislang war einmal jährlich ein Treffen mit der zentralen Leitung zum Zwecke der Unterrichtung und Anhörung vorgesehen. Um den sozialen Dialog zu stärken, sollen künftig zwei Treffen pro Jahr obligatorisch sein.
Wie wird der Entwurf bewertet?
Während der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) die Überarbeitung als „Unnötiger Brüsseler Aktionismus“ betitelt, wird sie von vielen Organisationen (u.a. Europäische Föderation der Gewerkschaften für Lebensmittel, Landwirtschaft und Tourismus (EFFAT); Landesvertretung Rheinland-Pfalz in Brüssel; UNI Global Union u.v.m.) begrüßt.
LNS war bereits vor drei Jahren als Sachverstand im Europäischen Parlament, um bei der Erarbeitung des neuen Entwurfs zu beraten.
Die Überarbeitung der Richtlinie ist längst überfällig: um Mitbestimmung und Arbeitnehmerrechte in einer globalisierten Wirtschaft zu sichern, ist die Stärkung europäischer Betriebsräte unerlässlich.
Wir erleben in der Beratung Europäischer Betriebsräte regelmäßig, wo die aktuelle Richtlinie an ihre Grenzen stößt, und begrüßen den nächsten Schritt!
Zur Pressemitteilung der Europäischen Kommission: hier
Zum Entwurf: hier
von Paula Klenk