Arbeitskleidung an, Geld bleibt dran – BAG zur Vergütung von Umkleidezeiten
Mal wieder die Streitfrage:
Sind nicht operative Arbeitszeiten wie Umkleidezeiten in vollem Umfang zu vergüten auch bei Urlaub und Krankheit?
Der Ausgangspunkt:
In der Praxis wird immer wieder der Versuch unternommen, nicht operative Arbeitszeiten wie Umkleidezeiten aus der Vergütungspflicht herauszunehmen. Diesmal traf es einen Rettungssanitäter. Der einschlägige Manteltarifvertrag sieht für das An- und Ablegen der Schutzkleidung eine Arbeitszeitgutschrift von 12 Minuten pro Schicht vor. Der Arbeitgeber gewährte diese Zeitgutschriften für die tatsächlich gearbeiteten Schichten. Für die Entgeltberechnung bei Urlaub und Krankheit strich er allerdings diese Zeiten aus der Berechnung mit dem Argument, im Urlaub beziehungsweise bei Arbeitsunfähigkeit würden diese Zeiten nicht anfallen. Hiergegen wehrte sich der Rettungssanitäter gerichtlich. Das Arbeitsgericht gab ihm noch nicht recht. Das Landesarbeitsgericht hob diese Entscheidung auf. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes (BAG, Urteil vom 14.5.2025 – 5 AZR 215/24):
Die Entscheidungsgründe:
Tariflich vorgesehene Umkleidezeiten sind dem Arbeitszeitkonto nicht nur bei tatsächlicher Arbeit, sondern auch bei urlaubs- und krankheitsbedingter Abwesenheit gut zu schreiben. Sie sind vergütungspflichtig.
Das BAG stellte hierbei wieder einmal klar, dass das An- und Ablegen der Schutzkleidung ausschließlich fremdnützig sei und es sich daher um vergütungspflichtiger Arbeitszeit gemäß § 611a BGB handele.
§ 1 BurlG verpflichte nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, alle infolge des Urlaubs ausfallender Arbeitsstunden zu vergüten. Dazu gehöre auch die vergütungspflichtige Zeit, die für das Umkleiden nach dem Tarifvertrag benötigt würde. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang die Entscheidungen des EuGH zu Urlaub und zu der Urlaubsvergütung. Alle Regelungen, die unmittelbar und mittelbar für den Urlaub einige geringeres gezahltes Entgelt vorsehen als das gewöhnliche Entgelt für die Zeiträume der Arbeitsleistung, seien unwirksam. Denn sie würden Arbeitnehmer*innen davon abhalten, den ihnen zustehenden Urlaub zu nehmen. Daher sind die Umkleidezeiten für das Urlaubsentgelt mitzuberücksichtigen.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG haben Arbeitnehmer*innen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit. § 4 EFG sieht die volle Vergütung vor, die ein Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig gewesen wäre. Eine Zeitgutschrift auf das Arbeitszeitkonto sei im Rahmen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall das dem Arbeitnehmer zustehende Arbeitsentgelt. Im Tarifvertrag seien hierzu keine Ausnahmen gemacht worden.
Für die Praxis:
Festzuhalten ist, dass alle vergütungspflichtigen Arbeitszeiten auch für die Entgeltberechnung für Urlaub und Arbeitsunfähigkeit im vollen Umfang zu berücksichtigen sind. Die Grundsätze des BAG müssen unserer Auffassung nach ebenso für etwaig bezahlte Wegezeiten und bezahlte Pausen gelten. Allerdings lohnt sich ein Blick in den Tarifvertrag. Dieser kann Modifikationen für die Umkleidezeit, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Wegezeiten und Pausen vorsehen. Die Modifiktionen sind dann grundsätzlich wirksam. Eine Abweichung bei dem Urlaubsentgelt ist allerdings aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben nicht möglich.