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Kein Smiley für Wahlbewerber

Die regelmäßigen Betriebsratswahlen liegen knapp 20 Monate zurück und noch immer beschäftigen sich die Arbeitsgerichte – vorrangig die Landesarbeitsgerichte in der zweiten Instanz – mit der Frage der Wirksamkeit vieler zwischen dem 1. März und dem 31. Mai 2022 durchgeführten Betriebsratswahlen.

Es ist ein Phänomen, das sich alle vier Jahre wiederholt. Drei oder mehr Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber fechten binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses die Wahl eines Betriebsrats beim Arbeitsgericht mit der Begründung an, im Rahmen der Wahl sei gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden.

Mitunter wirken die in diesen Zusammenhängen ergangenen Beschlüsse, insbesondere der Landesarbeitsgerichte sowie des Bundesarbeitsgerichts, praxisfern und stellen die mit der Durchführung einer Betriebsratswahl betrauten – ehrenamtlichen (!) – Wahlvorstände vor schier unlösbare Herausforderungen. Böse Zungen behaupten sogar, 99 % aller in Deutschland durchgeführten Betriebsratswahlen seien anfechtbar. Dabei gilt regelmäßig, je größer der Betrieb, desto höher die Fehleranfälligkeit.

Mit einem dieser Fälle hatte sich vor kurzem das Landesarbeitsgericht Köln zu beschäftigen.

Das Arbeitsgericht Köln hatte die im Betrieb eines weltweit tätigen Logistikunternehmens am Flughafen Köln/Bonn durchgeführte Betriebsratswahl zuvor in der ersten Instanz für unwirksam erklärt. Der Wahlvorstand habe gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht verstoßen, als es einen Wahlvorschlag mit dem Kennwort „FAIR😊dieListe“ wegen einer phonetischen Verwechslungsgefahr mit der Gewerkschaft ver.di zurückgewiesen hatte. Der Wahlvorstand hatte die Liste zwar zur Wahl zugelassen, den Listennahmen allerdings mit den Familien- und Vornamen der beiden in der Liste an erster Stelle benannten Wahlbewerber ersetzt. Hierin sah das Arbeitsgericht einen wesentlichen Verstoß im Sinne des § 19 BetrVG.

Anders urteilten schließlich die Richter des LAG. Ein Bildzeichen als Bestandteil eines Kennworts sei unzulässig, wenn es wie bei einem Smiley lediglich einen Stimmungs- oder Gefühlszustand ausdrücke, keine eindeutige Wortersatzfunktion habe und demgemäß üblicherweise nicht mit ausgesprochen werden könne. Insoweit zogen die Richter Parallelen zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Hinblick auf die Frage zur Kennzeichnungseignung von Sonderzeichen im Firmenrecht. Zudem habe bei dem Kennwort „FAIR😊dieListe“ eine Verwechslungsgefahr bestanden, da es lautsprachlich wie „ver.di-Liste“ klinge.

Gleichwohl hatte die in Rede stehende Wahlanfechtung auch in der zweiten Instanz Erfolg. Der Wahlvorstand hatte für einen Betriebsteil in Troisdorf gemäß § 24 Abs. 3 WO die schriftliche Stimmabgabe angeordnet. Zwar liegen der Betrieb am Flughafen und der Betriebsteil in Troisdorf bei einer reinen Betrachtung der Luftlinie nur wenige Kilometer auseinander. Aufgrund der schlechten Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln und der am Flughafen durchgeführten Sicherheitsüberprüfungen, ging der Wahlvorstand bei seiner Beurteilung jedoch davon aus, dass der Betriebsteil „räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt“ liege.

Eine Auffassung, die die Richter in der zweiten Instanz nicht teilten. Die Entscheidung, die der Wahlvorstand in diesem Zusammenhang habe treffen müssen, sei nicht leicht gewesen. Auch habe er mit den Mitgliedern des Wahlvorstands nicht tauschen wollen, äußerte sich der Vorsitzende Richter in der mündlichen Verhandlung. Ein schwacher Trost für den Wahlvorstand. Was bleibt ist eine weitere Betriebsratswahl, die – mit zweifelhaften Argumenten – erfolgreich angefochten wurde.